Morgen beginnt wieder der lang ersehnte Monat Ramadan. Er ist eine Zeit der Besinnung und des inneren Friedens, zurück zu den eigenen spirituellen Wurzeln in der Gegenwart Gottes. Wir rufen uns erneut die Bedeutung der Worte wie Enthaltsamkeit, Achtsamkeit, Demut und Dankbarkeit in Erinnerung und erhalten auf diese Weise die Einsicht, wie sehr wir Menschen im Sinne eines friedlichen und respektvollen Miteinanders aufeinander angewiesen sind. Vor allem Kinder spüren die besondere Stellung dieser Zeit. Sie erleben sie auf einer für sie neuen und aufregenden Art und Weise, die in ihnen die Vorfreude darauf weckt, ihrerseits einen Teil beizutragen. Daher folgt nun eine kleine Geschichte aus dem Leben eines fünfjährigen Mädchens, dem die Besonderheit dieses Monats zum ersten Mal voll bewusst wird:

Als sie eines Nachmittags in die Küche kam, erblickte sie ihre Eltern, wie sie mit einer Tasse Kaffee in der Hand am Tisch saßen und über etwas redeten, was sie nicht verstand. Sie fragte daher: „Was ist Ramadan und warum kommen Oma und Opa?“ Sie war keineswegs darüber erstaunt, dass ihre Großeltern sie besuchen würden. Sie verbringt fast jedes Wochenende mit ihnen und mit ihren Onkeln und Tanten und hat jedes Mal eine Menge Spaß. Aber dass sie an einem Montag zum Essen kommen würden, erschien ihr etwas merkwürdig. „Was ist denn am Montag?“

„Am Montag beginnt der Monat Ramadan. Das bedeutet, dass wir erwachsenen Gottergebenen fasten. Wir essen und trinken nichts, solange es draußen hell ist.“, erklärte der Vater. Sie riss die Augen weit auf und war erstaunt: „Waaas? Den ganzen Tag nichts essen und trinken?“ Daraufhin antwortete der Vater: „Wir stehen morgens früh auf, noch bevor es hell wird, und frühstücken, bis wir satt sind. Dann warten wir bis zum Abend, wenn die Familie kommt und wir gemeinsam das Abendessen vorbereiten. Wenn du möchtest, kannst du auch mitmachen. Danach setzen wir uns alle an einen Tisch und beginnen gemeinsam zu essen, wenn der Gebetsruf ertönt.“ „Aber Papa, warum macht ihr das? Der Tag ist sooo lang.“ fragte sie, nachdem sie die Antwort scheinbar nicht zufrieden stellte. Sie nahm sich einen Stuhl und setzte sich zu uns an den Küchentisch, den Blick voller Neugier zum Vater richtend. „Damit stellen wir uns selbst auf die Probe und zeigen, dass wir den Willen haben, auf etwas zu verzichten, was wir sehr mögen. Du isst und trinkst doch auch sehr gerne, oder?“ erklärte er weiter und brachte sie mit der Frage zum Schmunzeln. „Jaaa!“, erwiderte sie äußerst lebhaft.

„Wir lernen, was es bedeutet, Geduld und Ausdauer zu üben und dabei standhaft zu sein. Wir versuchen uns von unserer möglichst besten Seite zu zeigen. Wir vermeiden schlechte Worte und böse Taten gegenüber anderen Kindern und Erwachsenen, zeigen Respekt und sind höflich, mehr noch als sonst. Wir teilen dieses Erlebnis des Fastens mit unseren Liebsten, mit der Familie und mit unseren Freunden. Du musst wissen, du hast alles, was du brauchst. Du hast ein Zuhause. Du hast immer Essen und Trinken. Du hast immer etwas zum Anziehen und bekommst manchmal auch Süßigkeiten. Für das alles müssen wir sehr dankbar sein. Es gibt auch andere Kinder und Erwachsene auf der Welt, die nicht immer das bekommen, was sie dringend brauchen. Sie haben nicht immer etwas zu essen, wenn sie hungrig sind. Sie haben auch nicht immer ein Zuhause, in dem sie schlafen können. Im Ramadan ist die Nächstenliebe besonders wichtig. Wir helfen armen Menschen, indem wir ihnen zu essen oder etwas Warmes zu trinken geben. Oder sie bekommen etwas anderes, was sie dringend brauchen.“, führte der Vater weiter aus.

Daraufhin sprang sie freudestrahlend auf: „Jaaa, dann kann ich einem Kind mein Spielzeug abgeben, wenn es möchte. Ich hab´ ja viel und andere Kinder haben kein Spielzeug, oder?“ „Ja genau, das kannst du gerne machen.“, antwortet der Vater, begeistert von ihrer Anteilnahme. „… und ich möchte auch fasten!“ sagte sie. Der Vater war überrascht: „Bist du dir sicher, dass du das auch schaffst?“ „Ja Papa, aber wenn ich Durst bekomme, dann trinke ich nur ein bisschen Wasser, okay?“ Ihr Vater nahm sie liebevoll in den Arm und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Ja mein Schatz.“, erwiderte er ihr mit einem Augenzwinkern.

In diesem Sinne allen einen gesegneten Ramadan. Möge Gott, der Erhabene, eurer Fasten und eure Bittgebete annehmen. Möge der Monat Ramadan Anlass dafür sein, in uns zu gehen, uns in Achtsamkeit uns selbst und unseren Mitmenschen gegenüber zu üben und den Weg der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe zu befolgen. Möge Er uns und unseren Familien vor allem Übel bewahren – sowohl in Wort als auch in Tat – und euch Seinen Weg erfolgreich bestreiten lassen.


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