Wir, ein interreligiöses Aktionsbündnis aus der Schweiz, begehen den diesjährigen internationalen Spirit Day mit einem universellen Gebet in der Wasserkirche in Zürich ab 19 Uhr. Wir gedenken unserer zahlreichen, insbesondere jungen Mitmenschen, die sich das Leben nahmen aufgrund erlebter schwerer Feindseligkeiten in Verbindung mit ihrer Zugehörigkeit zur LGBTIQ*-Community.

Der Spirit Day findet jedes Jahr am dritten Donnerstag im Oktober statt. Der Name bezieht sich auf den lilafarbenen Streifen aus der Regenbogen-Flagge, die laut deren Erfinder die Seele (engl. spirit) repräsentiert. An diesem Tag tragen Unterstützer*innen Oberteile dieser Farbe, um auf die schwierige Situation aufmerksam zu machen, um Solidarität mit unseren queeren Mitmenschen zu üben und um sich gegen ihre Diskriminierung zu positionieren.

Homo- und bisexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche Menschen sind Minoritätenstress ausgesetzt und haben ein deutlich höheres Suizidrisiko.[1] Insbesondere Jugendliche sind im Zuge mentaler Krisenlagen besonders gefährdet, da diese in der anspruchsvollen Phase der Identitätsentwicklung eine geringe psychische Widerstandsfähigkeit haben und damit besonders verletzlich sind. Nach wie vor müssen sie mit Diskriminierung und Ausgrenzung umgehen lernen. Deshalb sehen sie manchmal die Selbsttötung als einzigen Ausweg aus einer persönlichen Belastungs- und Krisensituation an.[2] Diese Erkenntnis verpflichtet uns zu Solidarität und Sensibilisierung, um bessere Umstände für junge Menschen in unserer Gesellschaft zu schaffen.

Unser universelles Gebet zum Spirit Day ist getragen von einem Geist der friedlichen Verbundenheit. Wir sind uns darin einig, dass das von der Menschenwürde getragene Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen unverletzlich und stets zu schützen ist. Leider bestehen auch in unseren Glaubensgemeinschaften Vorurteile, ablehnende Haltungen bis hin zu Feindseligkeiten gegenüber queeren Menschen. Ein Widerspruch in sich, soll doch eine Glaubensgemeinschaft im besten Sinne ein Hort für gegenseitige Barmherzigkeit, Mitgefühl und Verständnis sein und Vernetzungsmöglichkeiten bieten.

Die erfreuliche rechtliche Entwicklung in der Schweiz muss durch eine gesamtgesellschaftlich getragene Toleranz unterstützt werden. Durch unsere Solidaritätsbekundung möchten wir zu einem empathischen, inklusiven und friedfertigen Klima im Umgang mit unseren queeren Mitmenschen beitragen. Jede Menschenseele verdient es selbstbestimmt und diskriminierungsfrei in Frieden zu leben.

Spürbare Verbesserungen können wir nur erreichen, indem wir anerkennen, dass mehrere Lebensentwürfe hinsichtlich des Geschlechts, der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung möglich sind. Insbesondere die von der heterosexuellen Norm abweichenden Entwürfe sollten in ihrer Gleichwertigkeit anerkannt und als Ausdruck gelebter Freiheit akzeptiert werden. Denn es sind unsere Kinder, Geschwister, Verwandte, Freunde und Bekannte, denen es zugutekommt, wenn jede*r Geschlechtsidentitäten und Beziehungsformen selbstverständlich entdecken und gestalten darf.

Stehen wir am 15. Oktober 2020 in der Wasserkirche in Zürich ab 19 Uhr gemeinsam für eine facettenreiche, diverse und vielfältige Gesellschaft ein. Schützen wir unsere Jugendlichen, egal welche sexuelle Orientierung sie haben mögen!

Initiant*innen:

Susanne Andrea BirkeRömisch-Katholische Kirche im Aargaukathaargau.ch
Jasmina El-SonbatiOffene Moschee Schweiz  fb.me/offenemoscheeschweiz
Meinrad FurrerKatholisch Stadt Zürichkircheurban.ch
Sanshin Elvis von ArxZen Dojo Zürich Muijojizen.ch
Kṛṣṇa Premarūpa DasaKrishna Tempel Zürich und SDHhindus.ch
Ruven Bar-EphraimJüdisch Liberale Gemeinde Zürichjlg.ch
Kerem AdıgüzelAl-Rahman – mit Vernunft und Hingabealrahman.ch / alrahman.de
Al-Rahman Logo

[1] Vgl. S. 93 in: Häusermann, Michael – L’impact de l’hétérosexisme et de l’homophobie sur la santé et la qualité de vie des jeunes gays, lesbiennes et bisexuelles en Suisse (in Philip D. Jaffé, Bernard Lévy, Zoe Moody und Jean Zermatten (Hrsg.), Le droit de l’enfant et de l’adolescent à son orientation sexuelle et à son identité de genre (S. 92 – 106)).

[2] Vgl. S. 5-12 in: Knecht, Adrian – Suizidrate homosexueller Jugendlicher. Link zuletzt abgerufen am 22.08.2020: PDF.


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